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Die Kollegiatkirche San Isidoro in León (Nordspanien) gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Stationen entlang des Pilgerweges nach Santiago de Compostela. Berühmt ist die Kirche San Isidoro wegen ihrer umfangreichen Bauskulptur, die das Gebäude im Inneren wie Äußeren durchzieht. Doch auch die prächtig ausgestattete Grablege, das sogenannte Panteón de los reyes, das direkt an die Kirche grenzt, beeindruckt mit seinen qualitätvollen Wandmalereien und Kapitellen. Aufgrund der reichen figürlichen Bauskulptur gilt heutigen Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern, die sich die Erforschung nachantiker Skulptur zum Ziel gesetzt haben, der Kirchenkomplex von San Isidoro aus dem 11./12. Jahrhundert als ein Schlüsselwerk.
© Viñayo, 1998
Heute präsentiert sich San Isidoro de León als eine tonnengewölbte, dreischiffige Basilika mit ausladendem Querhaus und einer Choranlage, deren halbrunde Mittelapsis im 16. Jahrhunderts durch eine polygonale in gotischen Formen ersetzt wurde.

San Isidoro geht auf eine Klosterkirche zurück, die ursprünglich den Heiligen San Pelayo und San Juan Bautista geweiht war und die König Alfonso V. (999-1028) nach der Zerstörung durch Almansur aus „Lehm und Ziegel“ neu errichten ließ. Im Zuge der Translation der Gebeine des heiligen Isidor (um 560-636), dem berühmten Kirchenlehrer der Westgotenzeit, von Sevilla nach León, initiierten Alfonsos Tochter Sancha und ihr Mann Fernando I. einen Neubau in Stein. Dieser Bau, der sich an asturischen Königsbauten des 9. Jahrhunderts orientierte, erhielt bei der Weihe am 21. Dezember 1063 das Patrozinium San Isidoro. Die in der Forschungsliteratur sogenannte Fernandokirche war – nach den Grabungsergebnissen zu schließen – eine dreischiffige Basilika ohne Querhaus, die im Osten mit rechtwinklig abschließenden Apsiden endete, ähnlich der asturischen Kirche San Salvador de Valdediós. Teile ihrer nördlichen und westlichen Mauern wurden später in den Bau der heute erhaltenen Kirche San Isidoro übernommen.

Das Königspantheon, das als bauliche Erweiterung vor der Westfassade der Fernandokirche platziert wurde, geht vermutlich auf Urraca von Zamora († 1101), Tochter von Sancha und Fernando, zurück. Das Panteón de los reyes zeigt sich noch heute als ein annähernd quadratischer, zweigeschossiger Bau, der im Erdgeschoß in kreuzgratgewölbte Schiffe gegliedert ist und im Obergeschoß von einer durchgehenden Tonne überspannt wird. Ob das Panteón einen bereits bestehenden Vorgängerbau ersetzte, ist nicht geklärt. Der gegenwärtige Kirchenbau San Isidoros ist das Ergebnis mehrerer Bauphasen, die in ihrer chronologischen Reihenfolge bis heute umstritten sind. Anders als in der älteren Forschung postuliert, darf davon ausgegangen werden, dass der Neubau nicht in einem Zuge von einem Ende bis zum anderen errichtet, sondern die alte Fernandokirche von verschiedenen Seiten aus sukzessive umbaut worden ist. Dabei ist wohl auch das ausladende Querhaus wiederum einem Planwechsel geschuldet, das erst am Ende der Baukampagne realisiert wurde. Strittig ist in der Literatur auch, ob das Neubauprojekt dem Nachfolger und Sohn Fernando I., Alfonso VI. (1065-1126, ab 1072 König von Kastilien und León), oder seiner Schwester Urraca von Zamora zuzuschreiben ist, die mehrheitlich von der Forschung als Auftraggeberin favorisiert wird. Als Daten lassen sich deshalb für die Errichtung des neuen Kirchenbaus von San Isidoro nur unter Vorbehalt die 1070er Jahre bis zur dokumentierten Schlussweihe im Jahr 1149 konstatieren. Da die Datierung der Skulptur am Außenbau und der Kapitelle im Inneren der Kirche unmittelbar mit der chronologischen Abfolge des Bauverlaufs verbunden ist, steht und fällt die historische Bedeutung der Leoneser Bauskulptur mit der jeweiligen Forschungsmeinung.

Die vorliegende Visualisierung der Bauplastik San Isidoros zielt auf eine umfassende Darstellung der Skulptur im Kontext des Kirchenbaus und versteht sich als Grundlagenforschung für zukünftige Untersuchungen. Über den Grundriss und die Aufrisse bzw. Umzeichnungen können einzelne Elemente der Bauskulptur (Details der Portalplastik, Kapitelle des Außen- und Innenraumes) angesteuert und in qualitätvollen Abbildungen und Vergrößerungen betrachtet werden. So werden auf einfachem Wege stilistische Analysen der Bauskulptur möglich, die auch zu neuen Sichtweisen hinsichtlich der Bauabfolge führen können.

Nutzung
Das vorliegende Konzept nutzt die Möglichkeit des freien Navigierens mit Hilfe eines konventionellen Web-Browsers. Sobald man mit der Maus über den Grundriss oder die Umzeichnungen fährt, werden einzelne Bereiche farbig hervorgehoben. Nach dem Anklicken dieser markierten Bereiche wird man zu PopUp-Fenstern mit entsprechenden Detailaufnahmen und schriftlichen Informationen (z. B. Beschreibung des Objekts) weitergeleitet. Der Nutzer kann so selbst entscheiden, welche Bereiche der Bauskulptur er betrachten und vergleichen möchte.

Projektidee
Die Internetpräsenz ist das Ergebnis eines Projektes am Kunstgeschichtlichen Seminar der Humboldt-Universität zu Berlin. Unter dem Titel „Visualisierung romanischer Bauskulptur – Verortung im architektonischen Kontext“ haben sich Studierende der Kunstgeschichte zusammengefunden, um ein multimediales, webfähiges Arbeitsinstrument zu erstellen, das es ermöglicht, Bauskulptur (wie Reliefs oder Kapitelle) in ihrem architektonischen Kontext, beispielsweise an Portalen oder Säulen, zu lokalisieren und zu visualisieren. Kunsthistoriker, die sich für den genauen Standort einer bestimmten Bauskulptur interessieren, stehen oft vor dem Problem, dass diese ohne ihren architektonischen Kontext untersucht wurde bzw. der Forschungsliteratur nur selten genauere Informationen zum Standort zu entnehmen sind. Vor allem bei komplexen Bauwerken mit vielen Details verliert man schnell den Überblick. Zweidimensionale Bezugssysteme, wie sie im wissenschaftlichen Schrifttum üblich und verbreitet sind, erweisen sich in solchen Fällen als wenig benutzerfreundlich, darüber hinaus sind sie weder kombinier- noch erweiterbar. Im Hinblick auf die Bedürfnisse zur Erforschung der Bauskulptur bietet es sich daher an, eine computergestützte Umgebung zu wählen, bei der diese anhand von Abbildungen in ihrem architektonischem Umfeld und mit entsprechenden Zusatzinformationen dargestellt werden kann.